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Westliche Werte sind keine weltweite Universallösung

Dieser Artikel stellt einen Antwortversuch auf den gleichnamigen Artikel von theintelligence.de dar:

Schon den ersten Satz möchte ich anzweifeln. Mit der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz und Nächstenliebe ist das so eine Sache. Wir stehen auf unsere Freiheit und zwar unsere persönliche Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nur wenn die anderen uns anpassen, die Toleranz bezieht sich, glaube ich hauptsächlich darauf, daß die anderen uns gegenüber tolerant sind und die Nächstenliebe, naja die beschränkt sich auf steuerlich absetzbare Spenden. Mit diesen Behauptungen meine ich unser europäisches Kollektiv, nicht einzelne Menschen, da gibt es natürlich Ausnahmen, in jeder Hinsicht.

Warum dieses Wertbündel zusammen mit der Demokratie nach dem zweiten Weltkrieg in Europa so gut funktioniert hat, liegt meiner Meinung nach in der gemeinsamen Geschichte Europas und den USA. Schließlich sind die weißen Amerikaner, ja alle Europäer, die ausgewandert sind, und natürlich ihre Einstellungen und Überzeugungen mitgenommen haben.  Die Amerikaner sind uns also ähnlicher als sonst irgendein Volk. Außerdem hat der Demokratisierungsprozess in Europa schon ca 100 Jahre früher eingesetzt, Mitte des 19 Jahrhunderts, als die Menschen sich zum ersten mal Gehör verschafften und für bessere Arbeitsbedingungen, das Wahlrecht usw. auf die Straße gingen. Wir waren damals noch weit entfernt von einer Demokratie aber die ersten Schritte wurden bereits unternommen. Das heißt die ersten Schritte wurden eigentlich schon weiter hundert Jahre zuvor unternommen, mit der französischen Revolution.

Die Tatsache, daß das “State Buildng” nach dem zweiten Weltkrieg so gut funktioniert hat, und zwar nicht nur bei einem Staat sondern bei halb Europa, stellt nach wie vor die Legitimation dar, weiterhin so vor zu gehen, ungeachtet dessen, daß wir mit dem Rest der Welt eben keine so eng verwobene Geschichte haben, und oft nicht mal den Minimalkonsens teilen. Das heißt, eigentlich ist nicht das die Legitimation, sondern der Glaube daran, selbst besser zu sein und alles richtig zu machen, schließlich hat es ja schon funktioniert.

Und nur um das auch mal gesagt zu haben, der Kommunismus stellt in seiner reinen ursprünglichen Form sicherlich die ideale Staatsform dar. Jeder nach seinen Fähigkeiten für die Gesellschaft, dafür gibt’s von der Gesellschaft alles was es zum Leben braucht. Klingt doch super, ist leider nicht ganz die menschliche Natur und deshalb reine Utopie.

Europa als ethik- und moralfreie Zone darzustellen, fällt auch relative leicht. Der Glauben zählt nichts mehr, bzw. ist zur Privatsache geworden. Warum das so ist, weiß ich nicht, aber wahrscheinlich haben wir festgestellt, daß es mehr geben muß als die vorgefertigten Antworten der Kirchenoberhäupter, die in ihrer eingeschränkten Sicht auf viele Fragen keine befriedigenden Antworten geben können. Die Politik hat sich so weit vom Volk entfernt, daß sie lieber auf Lobbyisten und Einflüsterer hört, und die sich im Notfall, wie jetzt bei den Aufständen im Arabischen Raum nicht einigen kann. Was uns bleibt ist der Kapitalismus, dessen Regeln alle befolgen um nicht zu sagen anbeten. Was für Nicht-Europäer von außen zu beobachten ist, ist ein weißer Papst der Moralvorstellungen vertritt, denen niemand mehr folgt, Politiker die sich nicht einigen können und eine Kapitalismus, der jedem alles materiell vorstellbare ermöglicht und uns zu Götzenanbetern macht. Toll oder, bei diesen Gedanken möchte man Auswandern oder ein Leben als Eremit beginnen, das schöne daran ist aber daß mir das auf Grund meiner persönlichen Freiheit alles scheiß egal sein kann.

Der Schlüsselsatz im theintelligence.de Artikel ist für mich: “Wir werten andere Kulturen ab, nur weil sie unsere Wertvorstellungen nicht teilen.” Das ist für mich der Knackpunkt, erst wenn wir erkennen, daß die anderen auch Wertvorstellungen haben die für sie wichtig sind und deren Kultur ausmachen, werden wir aufhören uns denen aufzuzwingen.

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